Analog ist en vogue
„Wieso Super 8, wenn man doch digital filmen kann?“ Diese Frage stellten sich die jungen Filmer nicht, die im Juni 2019 am neuen Filmworkshop von Kunst- und Kulturverein und Jugendkunstschule in Frankenberg/Sa. teilnahmen. Denn für sie war klar: Super 8 ist ein einzigartiges Medium, dass eine unverwechselbare Bildästhetik bietet. Mit einer Kamera und einer Kassette Film kann man in die Fußstapfen der großen Experimentalfilmer der Vergangenheit treten. Aber vor allem macht es viel Spaß: man starrt nicht auf Displays, sondern konzentriert sich auf das Motiv. Und die zumeist 50 Jahre alten Kameras erweisen sich als erstaunlich robust: meistens funktionieren sie noch wie am ersten Tag.
Keine Angst vor Großaufnahme
Filmemacher und Kursleiter Patrick Müller erklärte zunächst die Geschichte von Super 8, zeigte, wie die Kameras funktionieren und worauf es ankam. Denn jeder sollte seine ganz persönliche Sichtweise auf die Dinge darstellen. Blumen, Tiere, Menschen und Kunst. Funkelnde Flüsse, Schritte und Experimente. Super-8 ist ja perfekt für das Subjektive und spielt seine Stärken erst richtig in Nahaufnahmen aus.
In Frankenberg ist 2019 Landesgartenschau: große Teile der Innenstadt wurden modernisiert, Brachen zu Paradiesgärten umgewandelt und das Ufer des Zschopauflusses mit Radwegen, Parks und Kunst verschönert. Also sind wir mit unseren Super-8-Kameras auf die Gartenschau gezogen, und fingen alles ein, was kontrastreich und ungewöhnlich ist.
Unterwegs mit der MoMA-Kamera
Die Besucher staunten nicht schlecht, als sie die jungen Filmer sahen. Kein Wunder, denn die Kameras, wie etwa die schöne Nizo Professional aus den Siebzigern, sehen auch heute noch aus, als wäre sie gerade erst von Apple entworfen worden. Kein Wunder, ist die Marke doch die einzige Filmkamera, die auch im Museum of Modern Art in New York ausgestellt ist. Hört man deren Surren wissen alle: hier wird mit echtem Film aufgenommen und tatsächlich verhalten sich alle konzentrierter und aufmerksamer als bei Smartphone-Videofilmerei.
Vom Dunkel zum Licht
Zurück in der Jugendkunstschule galt es, zunächst die Fenster zu verdunkeln, denn der Film musste in kompletter Finsternis von Hand auf die russische Lomo-Spirale aufgespult werden. Nach etwas Übung gelang dies auch allen Teilnehmern. Weil konventionelle Entwickler und Bleichmittel für Anfänger zum giftig sind, setzten wir bei der Entwicklung ganz auf Caffenol, ein seltsam duftendes Gemisch aus Kaffee, Vitamin C und Waschsoda, was wir selbst herstellten. Die Augen funkelten, als wir die ersten selbstentwickelten Bilder auf den Filmstreifen sahen. Auf unser besonderes Experiment war geglückt: wir arbeiteten erstmals mit einem Rowi-Titelgerät und stellten mit Magnettiteln Rolltitel her. Auf Film wirkt das unvergleichlich und es machte einen Riesenspaß, sie zu gestalten.
Premierenabend
Ein schönes Wochenende ging zu Ende und wir hatten den ganzen Spaß, den wir hatten, schön auf Film gebannt. Eine Woche später war dann die große Premiere: Im Frankenberger Welt-Theater projizierten wir die Filme auf die große Kinoleinwand und sahen sie, wie die zahlreichen Besucher, zum ersten Mal. Da die Filme selbst stumm waren, vertonten wir sie live mit vielen kleinen Spieluhren. Die Melodien waren son einprägsam, dass die Besucher beim Nachhausegehen summten. Für alle, die nicht dabeisein konnten, gibt es hier zwei Filme zu sehen: ein kleiner Zusammenschnitt der Workshopfilme und ein Making-of, dass Patrick Müller vom Workshop gedreht hat. Viel Spaß!
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