Tür 11: Madame, lorgnieren Sie?

thumb_IMG_4573_1024Was wäre die Welt ohne die Erfindung des Nasenfahrrades? Deutlich unschärfer. Und wie man dazu kam, das erklärte uns gestern Optiker Peter Puchta, als er seine Tür zum Lebendigen Adventskalender öffnete. Wir tauchten ab in die Geschichte der Brille, und stellten gleich zu Beginn fest, dass unser Abendland nichts wäre ohne den Einfluss und den Erfindergeist unserer arabischen Nachbarn. Denn erst dem arabischen Gelehrten Ibn al-Haitam (965–1039 n. Chr.) kam in seiner Abhandlung Schatz der Optik der Gedanke, das Auge und die menschliche Sehkraft mit Hilfe einer geschliffenen, optischen Linse zu unterstützen. „Dieses Wissen

wurde 1240 von europäischen Mönchen aufgegriffen und gelangte so nach Europa“, so Puchta. Vom Halbedelstein Beryll leitet sich übrigens das Wort Brille ab. Und dergleichen gibt es viele: von der Nietenbrille und der Bügelbrille aus Fischbein und Horn bis zum Monokel, der Weiterentwicklung des Lesesteins. Ungewöhnlich auch die Lorgnette, bei der Puchta extra im Duden die Bedeutung des Wortes lorgnieren nachgeschlagen hatte: „Durch die Lorgnette betrachten und scharf mustern.“ Spontan kommen einem da affektierte ältere Damen aus Historienfilmen in den Sinn, die sich gerne einer Lorgnette bedienten. Alsbald erklang An der schönen blauen Donau von Johann Strauß, den man vermutlich auch damals gehört haben mag. Doch die Zeit vergeht, tempus fugit: Plötzlich stand der Optiker als Rennfahrer verkleidet im Geschäft, denn mit Aufkommen des Automobils standen Staubschutzbrillen hoch im Kurs. Er zeigte stolz den Führerschein seines Großvaters in dem stand: „Er ist berechtigt, Verbrennungsmotoren zu führen.“ Alle historischen Brillen konnte man in einer Sonderausstellung ansehen, mit liebevoll gestalteten Namenkärtchen und so mancher konnte es sich nicht nehmen lassen, mal einen Zwicker auszuprobieren. Ein schöner Abend, zu dem zahlreiche Gäste in das Geschäft gekommen waren, vielen Dank dafür! Heute Abend öffnet die Sprachschule Fürschke ihre interkulturelle Pforte.

Text und Fotos: P. Müller

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