Das ganze Dorf ist eine Bühne: Heiner Müller in Dittersbach

Frankenberg feiert 2015 das Heiner-Müller-Jahr. Der Kunst- und Kulturverein Frankenberg hat dazu Vereine und Institutionen zusammengerufen, um in einem Festjahr diesen großen deutschen Dramatiker zu ehren. Denn Müller lebte von 1947–1951 in Frankenberg. In unserer Artikelserie wollen wir einige Stationen aus dieser Zeit näher beleuchten. Diesmal besuchen wir Gert Kubitza, dessen Großonkel damals die Dittersbacher Gaststätte „Zur Linde“ betrieb.

Im Winter 1947/48 wurde Kleists Theaterstück Der zerbrochene Krug in der „Linde“ aufgeführt. Der junge Heiner Müller, auf dem Programmzettel als „Hainer Müller“ angekündigt, führte Regie. Denn Müllers Förderer und Oberschullehrer, Studienrat Ackermann, hatte nach dem Krieg eine Theatergruppe ins Leben gerufen, die auch im Volkshaus und im Kaisersaal in Frankenberg sowie im Gasthof Niedermühlbach aufgetreten ist. Heiner Müller sagt in Christoph Hausschilds Biographie (Rowohlt, 2000): „Wir spielten grundsätzlich für Abendessen. Das Eintrittsgeld wurde der Volkssolidarität gespendet, und wir bekamen ein ordentliches Abendbrot.“

10988583_889000294464808_1483966315_o„Es war gar nicht so ungewöhnlich, dass Schulen Theaterstücke aufführten, das habe ich selbst in den 60er Jahren erlebt.“ erinnert sich Gert Kubitza. Sein Großonkel, Arno Hähnel, betrieb damals nach dem Krieg die Gaststätte „Zur Linde“. „Für das Schultheater im Saal wurden dann immer Garten und Klappstühle herangeholt.“ Das Haus wurde ursprünglich 1860 von Carl Lehmann als Stellmacherei gebaut, daneben befindet sich noch heute eine Schmiede. Durch den Eisenbahnbau kam ein Kantinenbetrieb hinzu und um 1900 übernahm Lehmanns Schwiegersohn, Bruno Hähnel, das Geschäft als Gasthof „Zur Linde“, das er bis zu seinem Tod 1935 führte. Danach übernahm erst seine Frau Anna, gestorben 1944, und deren Sohn, Arno Hähnel, die Gaststätte. „Nach dem Krieg kamen kurzzeitig auch Flüchtlinge nach Dittersbach, die in der Linde einquartiert wurden“ so Kubitza. „Im Mai 1982 hatte meine Frau Martina die Gaststätte übernommen und bis 2006 weitergeführt.“ Die „Linde“ war immer auch ein beliebtes Ausflugslokal, in welches die Frankenberger nach einem sonnigen Wochenendspaziergang durch das damals attraktive Lützeltal einkehren konnten. Wir danken Herrn Kubitza für das Gespräch!

Text: Patrick Müller, Fotos: Privatarchiv Gert Kubitza

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