Gestern Abend öffnete sich der Lebendige Adventskalender am Martin-Luther-Gymnasium. Eine Menschenmenge stand vor dem altehrwürdigen Haus 2, in welchem in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts ein Lehrer das Talent des späteren Dramatikers Heiner Müller entdeckte und förderte. Deshalb schien es uns nur allzu passend, die täglich herumwandernde Kalenderlaterne hier zu platzieren.

Plötzlich öffneten sich die oberen Fenster der Bildungseinrichtung und Janice Stand, schaute heraus. Während der nächsten zwanzig Minuten dirigierte sie ein ganzes Weihnachtsorchester. Es klang ein buntes Medley rund um JUNGLE BELLS und HARK! THE HERALD ANGELS SING. Das war wirklich ein musikalischer Genuss höchster Güte! Leider war an dem Abend so viel Verkehr auf der Straße, dass sich die Musik von ganz oben mit dem Verkehr unten in eine moderne Klangcollage verwandelte. 

Aber vielleicht war das auch eine gute Überleitung zu dem, was anschließend folgen sollte. Denn wir wurden in das Haus 1 geleitet, wo es eine hochkarätige Vernissage zu erleben gab! Junge Künstler der 12. Klasse hatten die Treppenhäuser und zahlreiche Klassenzimmer völlig ausgeräumt und umfassend umgestaltet. Es gab Videoinstallationen, Performances, Konzept-Kunst, dunkle Räume, Design und vor allem die jungen Künstler selbst, die all das erschaffen haben und mit denen man schnell ins Gespräch kam.

Thematisch wurde verarbeitet, was die jungen Menschen in der heutigen Zeit beschäftigt: Einschränkungen und Hindernissen zu. Beispiel, die es in Kindheit und Jugend zu überwinden gilt, die man aber kaum von außen wahrnimmt, wie Mobbing oder Liebeskummer. Bauern und Landwirtschaft waren hingegen ein Thema einer Videocollage. In einem anderen Raum ging es in das Gehirn eines innerlich zerrissenen Menschen, in einem anderen sah man eine Installation, die einem Nürnberger Trichter ähnelte: Wissen, das nur kurz behalten wird, bevor es ausgespien wird. Aber auch Müll war ein Thema genauso wie der stressige Arbeitsalltag von Architekten, bei dem ein ganzes Büro nachgebaut wurde, inklusive extrem aktiven Reißwolf, der das ganze Zimmer flutet. Ein Treppenhaus zeigte die kritische Sicht auf die Digitalisierung, es war im wahrsten Sinne vollständig „vernetzt.“

Diese temporäre Ausstellung war für uns ein großes Highlight des Abends, sicher sogar des bisherigen Kalenders: wie eine kleine Documenta in Frankenberg. Man fragt sich, wieso diese Ausstellung in Frankenberg so unbekannt geblieben ist. Denn auf der Internetseite des Gymnasiums sind auf Anhieb keine Informationen darüber zu finden, die der Ausstellung die Aufmerksamkeit gebracht hätten, die die jungen Künstler verdient hätten.

Schön ist aber, dass so wie Heiner Müller damals von seinem Lehrer gefördert wurde, auch heutige Lehrer im Martin-Luther-Gymnasium ihre Schüler fördern und ihren Ideen Raum geben.

Vielen Dank für dieses große Kunsterlebnis!

Heute Abend öffnet der Sächsische Landfrauenverband an der Winklerstraße 34 seine Pforte.

Text und Fotos: Patrick Müller

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