„Vater Europas“ erstrahlt in altem Glanz

Im Rahmen einer Stadtratsitzung fand heute Abend in der Aula des Bildungszentrums Frankenberg die Vorstellung des abschließend restaurierten Wandbildes „Wie Kaiser Karl Schulprüfung hält“ statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es mit 20.000 Hacklöchern verputzt und verschwand dadurch für Jahrzehnte zwar von von der Wand, nicht aber aus den Herzen.

2011: Wandgemälde vor der Restaurierung (Foto: I. Firmenich)

Denn viele ehemalige Schüler der Bildungsanstalt setzten sich im Zuge der Sanierung des heutigen Bildungszentrums dafür ein, eines der wenigen Kunstwerke am Bau, die es in unserer Stadt gibt, wieder sichtbar zu machen. Gemeinsam mit anderen, allen voran Herr Dr. Heinrich, warb auch unser Kunst- und Kulturverein jahrelang erfolgreich für Spenden, um dieses gewaltige Vorhaben zusammen mit von der Stadt beantragten Fördermitteln zu realisieren. Die Restaurierungsfirma Schreiber & Teuchner führte die aufwändigen Restaurierungsarbeiten durch.

Bürgermeister Firmenich nutzte die Gelegenheit, den zahlreichen Unterstützern in der Bürgerschaft zu danken, allen voran Justus Rau, dessen Vater es ein Herzensanliegen war, dass dieses Bild wieder in altem Glanz erstrahlt.

Für Viele ist Georg Müller-Breslau, der Maler des Wandgemäldes, aus der Wahrnehmung verschwunden. Zu Unrecht, wie anschließend Kunsthistorikerin Frau Prof. Dr. Angelica Dülberg aus Dresden in einem fundierten Vortrag darlegte. „Von Müller-Breslau befinden sich zahlreiche Gemälde im Dresdner Albertinum und in der Berliner Nationalgalerie.“ Seine Werke sind vergleichbar mit denen auf der Meißner Albrechtsburg. Das Bild im Bildungszentrum ist aber das einzige mit weltlichem Charakter. Und in der Tat: der Bildungsreformer Karl der Große macht hier keinen Unterschied zwischen Arm und Reich, sondern „verurteilt die Faulen und lobt die Fleißigen“, wie es einst Seminar-Oberlehrer Georg Stiehler in seinem Erläuterungen zum Wandgemälde ausdrückte. Frau Dülberg erläuterte, dass Stiehler er als ein Berater für Müller-Breslaus Gemälde angesehen werden muss. Getreu dem Goethe-Zitat „Man sieht nur, was man weiß“, ging sie detailliert auf die zahlreichen historischen Personen ein, welche das Wandbild bevölkern. Neben Karl dem Großen trifft man z. B. auf seine fünfte Frau Luitgard, seinen Biografen Einhard, Peter von Pisa, den Dichter Angilbert oder Alkuin, Gelehrter und Berater der königlichen Familie. Der Ort stellt die Aachener Marienkapelle dar. Karl der Große gilt als einer der bedeutendsten mittelalterlichen Herrscher und als einer der wichtigsten Herrscher im europäischen Geschichtsbewusstsein; bereits zu Lebzeiten wurde er Pater Europae („Vater Europas“) genannt.

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=WeqZVkaZpRs] In einem zweiten Vortrag erläuterte Malermeister Teuchner die Arbeit von Restaurator Schreiber, ohne den dieses Vorhaben nicht denkbar gewesen wäre. Zugleich dankte er dem Stadtrat, der 2010 einstimmig den Entschluss fasste, dieses Kunstwerk zu restaurieren.

Frankenberg ist nun um eine künstlerische Attraktion reicher. Es bleibt nun die Aufgabe, dieses europäische Kunstwerk stärker in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Wir als Kunst- und Kulturverein sind dem Wandbild dankbar, weil es der Grund war, dass wir uns vor sechs Jahren gegründet haben. Die unterschiedlichsten Bürger unserer Stadt hatten sich zusammengefunden, um im Laufe der Jahre mit öffentlichen Bücherregalen, Wettbewerben, Workshops und einem Heiner-Müller-Festjahr unsere Stadt etwas schöner zu machen. Übermorgen startet die fünfte Ausgabe unseres Lebendigen Adventskalenders: ein ganzer Monat voller Kunst und Kultur, zu dem wir Sie recht herzlich einladen.

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Text: Patrick Müller

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